Gut - Aber Wirklich Gut Genug?

Gibt es guten Grund, optimistisch zu sein? Auf die leichte Schulter zu nehmen ist die Coronakrise sicher nicht. Doch für die kurze Frist zeigen Echtzeitdaten, welche die Wirtschaftsredaktion der NZZ wöchentlich aufdatiert und analysiert*, eine erstaunlich schnelle und starke Erholung. Der Binnenkonsum hat in der Schweiz bereits wieder praktisch das Vorkrisenniveau erreicht. Die Kosten der staatlichen Krisenmassnahmen gehen zwar in die zweistelligen Milliardenbeträge, werden aber hoffentlich nur etwa halb so hoch ausfallen, wie im Höhepunkt der Krise befürchtet. Der schöne Schein trügt allerdings etwas. Die Erholung des Konsums, der rege einheimische Tourismus und die ungebrochene Mobilität hängen auch damit zusammen, dass die öffentliche Hand Einnahmeausfälle weitgehend kompensiert hat. Das kann auf Dauer nicht so weitergehen. Der für die Schweiz so wichtige Aussenhandel hat das Vorkrisenniveau noch längst nicht

erreicht, und einiges dürfte nie mehr so werden wie zuvor. Nicht weil das Virus eine völlig neue wirtschaftliche Realität geschaffen hätte, sondern weil es strukturelle Veränderungsprozesse beschleunigt.Die Digitalisierung hat nochmals deutlich an Schub gewonnen. Die Einnahmenausfälle und Kosten der Krise treffen vor allem diejenigen existenziell, bei denen die Margen und Reserven schon vor der Krise dünn waren. Firmenleitungen müssen sich fragen, wie zukunftsfähig ihr Geschäftsmodell noch ist. Sie muss umtreiben, wie sie sich an die veränderten Bedingungen anpassen können, damit sie auch in Zukunft noch genügend stabil dastehen und hinreichend Reserven für die nächste Krise haben. Einige werden aufgeben, andere zur Einsicht kommen, dass sie ihre Kosten senken und ihr Personal reduzieren müssen. Weil das Zeit braucht, dürften der Schweiz viele Entlassungen und Konkurse erst noch bevorstehen. Die Coronakrise ist noch bei weitem nicht ausgestanden.

Um erfolgreich zu sein, brauchen Firmen jetzt erst recht eine kreative Unternehmenskultur, die ihnen dabei hilft, ihre zentralen Werte zu erhalten, möglichst schwer substituierbare Güter und Dienstleistungen teuer abzusetzen und sich dabei gleichwohl ständig wieder neu zu erfinden. Initiativen wie SEF.Interaktiv und Organisationen wie die NZZ wollen dabei helfen, indem sie analysieren, informieren und inspirieren. Der Staat sollte für wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen sorgen. Aber den längerfristigen Erfolg sichern kann nur kreatives Unternehmertum. Von diesem gibt es in der Schweizer KMU-Landschaft zum Glück nach wie vor erfreulich viel. Das ist der beste Grund, um in dieser schwierigen Corona-Zeit auch für die längere Frist vorsichtig optimistisch zu sein.

*https://www.nzz.ch/wirtschaft/ coronavirus-und-die-wirtschaft- daten-in-echtzeit-zeigen- erholung-ld.1561501

Ein Beschleuniger - kein Game-Changer

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